Energiespeicherung und die damit verbundene Energienutzung sind ein wichtiges gesellschaftliches Thema. Ökologische Überlegungen zu Wiederverwendbarkeit und Klimaneutralität sorgten in den letzten Jahren zudem für eine Änderung der Nutzungsgewohnheiten. Mobile und wiederaufladbare Geräte wurden verstärkt stationären vorgezogen. Aufladbare Lithium-Ionen-Batterien (LIB) werden bereits heute millionenfach in verschiedenen Größen eingesetzt, beispielsweise in Mobilfunkgeräten, Laptops oder Powertools. Das erfolgreiche Up-Scaling erlaubt es, auch Elektroautos mit dieser Speichertechnik auszustatten. Der globale Markt für Elektrofahrzeuge und damit auch für LIB wächst aktuell enorm – von ca. 90 GWh im Jahr 2016 auf ca. 8,1–10,5 TWh im Jahr 2030. Eine nachhaltige Gestaltung der Elektromobilität ist aber nur möglich, wenn die Prinzipien einer effizienten Kreislaufwirtschaft berücksichtigt werden, insbesondere das Batterierecycling in Form einer optimalen Rückgewinnung der Rohstoffe und deren Aufarbeitung, sodass diese erneut in LIB eingesetzt werden können.
Angesichts der Tatsache, dass LIB eine durchschnittliche Lebensdauer von 5 bis 10 Jahren haben, ist eine sinnvolle Rückgewinnung der in LIB enthaltenen Rohstoffe ein wichtiges Thema für die nächsten Jahrzehnte. Eine durchschnittliche Menge von 4000 Tonnen LIB enthält 110 Tonnen Schwermetalle und mehr als 200 Tonnen giftige Elektrolyte. Eine Altbatterie enthält 5–20 % Co, 5–7 % Li, 5–10 % Ni und 5–10 % andere Metalle sowie organische Verbindungen. Kathodenmaterialien mit Ni, Co und Li haben den höchsten wirtschaftlichen Wert. Die Rohstoffkosten machen 50 % der Gesamtkosten aus, die bei Ersatz von Neumaterialien durch recycelte Materialien um bis zu 30 % gesenkt werden könnten.
Bei den aktuell angewandten Recyclingverfahren für LIB-Zellen, hydro- und pyrometallurgische Verfahren, wird auch das Kathodenmaterial unter hohem Energieaufwand in mehreren komplizierten Prozessschritten in chemische Grundstoffe umgewandelt, die prinzipiell auch für andere Verwendungszwecke einsetzbar sind. In neuartigen Verfahren zum LIB-Recycling („Direkt-Recycling“) ist angestrebt, dass das Kathodenaktivmaterial von der Trägerfolie mit Wasser abgestrahlt und getrocknet wird. Dabei bleibt die chemische Zusammensetzung der sogenannten schwarzen Masse („black mass“) nahezu unverändert. Die elektrochemische Aktivität ist bislang jedoch gering im Vergleich zu neuem Kathodenmaterial. Das bislang aus Direkt-Recycling gewonnene NMC-Kathodenmaterial (Rezyklat) ist in diesem Zustand nicht für den erneuten Einsatz in Lithium-Ionen-Batterien geeignet.
Ziel von ReKath ist es, NMC-Rezyklate in neuartigen Prozessschritten so aufzubereiten, dass diese Materialeigenschaften aufweisen, das neuem NMC-Kathodenmaterial entspricht. Dies soll über weitergehende Reinigungsschritte erfolgen, die bestimmte Verunreinigungen entfernen. Die nachfolgenden Schritte beinhalten eine Relithiierung dieses Materials mit Hilfe von Lithiumsalzen und eine thermische Behandlung bei Temperaturen, die eine vollständige Restrukturierung der passivierenden Grenzschichten der NMC-Kristallite ermöglichen. Die richtige thermische Behandlung stellt den entscheidenden Prozessschritt dar.
Die Materialproben – Rezyklate vor und nach der weitergehenden Aufarbeitung – werden an der Hochschule Esslingen (HSE) mittels XRD, EDX, AAS, Zetapotentialmessungen, AFM sowie Redoxtitration untersucht und charakterisiert, um Hinweise auf die tatsächlich vorliegende Kristallstruktur des aufgearbeiteten NMC-Altmaterials, die chemische Zusammensetzung, die Oxidationsstufe der Elemente sowie die Oberflächenveränderungen der Partikel der aufgearbeiteten NMC-Materialien zu erhalten.
Um die technische Eignung der aufgearbeiteten NMC-Materialien im Vergleich zu neuem Kathodenmaterial beurteilen und quantifizieren zu können, sollen Materialproben in Batterie-Testzellen eingesetzt und elektrochemisch untersucht werden. Dazu werden am fem Forschungsinstitut aus dem aufgearbeiteten NMC-Recyclingmaterial neue Elektroden hergestellt und in Halbzellentests im Knopfzellenformat getestet. In C-Raten-Tests sollen die Lade- und Entladeraten variiert und die Zyklenfestigkeit der Elektroden aus dem NMC-Recyclingmaterial überprüft werden. Die zu entwickelnden Prozessschritte in ReKath sollen verfahrenstechnisch möglichst einfach gestaltet werden, damit diese von KMUs (z.B. Recycling- und Abfallverwertungsunternehmen, Anlagenhersteller, etc.) mit einem tragbaren prozesstechnischen Aufwand und damit auch betriebswirtschaftlich durchführbar sind. Die bisherigen hydro- und pyrometallurgischen Verfahrensansätze stellen dagegen aufwändige technische Prozesse dar, die in der Regel nur von großen und hochspezialisierten Unternehmen wirtschaftlich umsetzbar sind.
Acknowledgement
Das IGF-Vorhaben AiF 22819 N der Forschungsvereinigung Edelmetalle+Metallchemie wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschafts-
forschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.