Material Digital

Forschungspartner

IWM Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (Gesamtprojektkoordination) / ICT Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie / IPM Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik / FZI Forschungszentrum Informatik am Karlsruher Institut für Technologie / DITF Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut

Forschungspartner

IWM Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (Gesamtprojektkoordination) / ICT Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie / IPM Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik / FZI Forschungszentrum Informatik am Karlsruher Institut für Technologie / DITF Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut

Im Rahmen des Vorhabens MaterialDigital wurde erstmalig demonstriert, dass Werkstoffe im Sinne von Industrie 4.0 in digitale Wertschöpfungsketten integriert werden können. Hierzu wurden für die zwei Anwendungsfälle Metalle und Polymere während des Herstellungsprozesses aus einem Materialdatenraum heraus digitale Repräsentationen der verarbeiteten Materialien erzeugt (sog. Materialzwillinge), wodurch eine Durchgängigkeit der Materialzustandsinformationen entlang der betrachteten Prozessketten erreicht wurde. Dies hat den Vorteil, dass die Prozesse anschließend hinsichtlich der gewünschten lokalen, physikalischen oder mechanischen Eigenschaften der Werkstoffe optimiert werden können. 

Die Integration von Werkstoffen in Wertschöpfungsketten im Sinne von Industrie 4.0 wurde anhand zweier Anwendungsfälle gezeigt. Hierbei wurde das Ziel verfolgt, mittels digitaler Zwillinge für eine Durchgängigkeit von örtlich und zeitlich variierenden Materialeigenschaften entlang der Wertschöpfungskette bzw. des Produktlebenszyklus zu sorgen.  

Im Anwendungsfall Metalle (an dem das fem beteiligt war) wurde der Aluminium-Kokillengussprozess mit anschließender zweistufiger Wärmebehandlung (Lösungsglühung und Warmauslagerung) betrachtet. Als Beispiellegierung diente die Gusslegierung AlSi10Mg. In zwei Gusskampagnen wurden am fem zunächst Probestäbe gegossen, um mittels mechanischer und analytischer Werkstoffcharakterisierung eine projektspezifische Datenbasis für die Befüllung des Materialdatenraums aufzubauen. In der zweiten Gusskampagne wurde ein Demonstratorgussbauteil am fem abgegossen, das auf einem Laborteststand beim IWM einer statischen Biegebeanspruchung unterzogen wurde. In beiden Gusskampagnen wurde die chemische Zusammensetzung der AlSi10Mg-Legierung im Rahmen der Spezifikation in Bezug auf den Silizium- und Magnesiumanteil variiert. Die Gusskampagnen wurden am fem mit Gießsimulationen begleitet, deren eingehende Modellparameter anhand eines Abgleichs mit Temperaturmessungen in der Probestabkokille feinjustiert wurden. Verschiedene Angusssysteme für die Kokille des Demonstratorgussbauteils wurden in Betracht gezogen und mithilfe der Formfüllungssimulation am fem getestet. Da eine direkte Formfüllung von oben aufgrund der entstehenden Turbulenzen sehr ungleichmäßig und ungünstig war, wurde ein steigender Guss bevorzugt. Davon wurden zwei Varianten entworfen: eine mit Anbindung des Angusskanals am unterem Bereich des Bauteils und eine mit Einsatz eines sogenannten Messerschnitts . Letzteres wurde ausgewählt, mit einer zusätzlichen Aufweitung des Messerschnittangusses, um die Turbulenzen bei der Formfüllung zu reduzieren. Die Abgüsse würden auch in diesem Fall mit Temperaturmessungen durchgeführt.

Es wurden zwei Ziele verfolgt: Zum einen wurden alle Daten aus der Charakterisierungskampagne der Probestäbe mit Hilfe des entwickelten digitalen Workflows strukturiert, die Datensätze einzelner Prozessschritte miteinander verknüpft und der finale zusammenhängende Wissensgraph der Prozesskette in eine Graphdatenbank überführt. Mit Hilfe der am IWM entwickelten Domänenontologie für die betrachtete Prozesskette konnte gezeigt werden, dass sich Expertenwissen zum Einfluss der chemischen Zusammensetzung und der Wärmebehandlungsparameter auf unterschiedliche mechanische Eigenschaften aus dem Materialdatenraum extrahieren lässt. Neben der Abfrage von reinen Metadaten wurde anhand von Zugversuchen auch demonstriert, dass maschinell auf die heterogenen Rohdatensätze zugegriffen werden kann. Die Materialdatenraumtechnologie stellt somit nachweislich eine zukunftsorientierte Form der digitalen Wissensrepräsentation von werkstoff- und prozessspezifischem Expertenwissen dar und bildet die Grundlage für weiterführende datenbasierte Analysen. Anhand des konkreten Beispiels können u.a. Entscheidungen zur Wahl der Wärmebehandlungsparameter in Abhängigkeit der chemischen Zusammensetzung zur Erreichung einer spezifischen Werkstofffestigkeit getroffen werden. 

Zum anderen wurde anhand des Demonstratorbauteils gezeigt, dass durch die Einbindung eines digitalen Zwillings in Simulations- und Bewertungsketten präzisere Aussagen zur Funktionalität des Bauteils möglich sind. Der Zwilling bildet die Geometrie, die innere Materialstruktur, örtlich variierende Materialeigenschaften und Kennwerte aus der Prozesshistorie ab und sorgt für die Durchgängigkeit entlang der betrachteten Prozesskette. Für die notwendige Fusion der Werkstoffdaten wurde am IWM eine graphische Benutzeroberfläche entwickelt, mit der örtlich verteilte Material- und Prozesskennwerte in einem Bauteil visualisiert und korreliert werden können. 

Wir danken dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, das im Rahmen der Förderung von wirtschaftsnahen Forschungsvorhaben mit Bezug zur Umsetzung der Digitalisierungsstrategie im Themenfeld Digitalisierung: Chance für Nachhaltigkeit und Energiewende das vorliegende Projekt finanziell unterstützt.


Ansprechpartner/in

B.Eng. Dario Tiberto

Projektträger

Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg

Projektlaufzeit

6.12.2018 – 31.10.2020
Wir sind Mitglied der
Newsletter Update abonnieren
Anmeldung zum Newsletter
crossmenuchevron-downchevron-right