Motivation
Kupferlegierungen finden unter anderem als Steckverbinder ein breites Einsatzgebiet. Ob in der Elektrik heutiger Automobile, in Kommunikationsnetzen oder der Unterhaltungselektronik, Kupferlegierungen werden bevorzugt eingesetzt. Durch die fortschreitende Entwicklung und der damit einhergehenden Miniaturisierung steigen die Anforderungen an die verwendeten Werkstoffe. Auch rücken zunehmend umwelttechnische und gesundheitliche Aspekte bei der Werkstoffauswahl in den Fokus. Besonders betroffen sind hierbei berylliumhaltige Kupferlegierungen. Diese besitzen zwar hervorragende mechanische und elektrische Eigenschaften, werden jedoch aufgrund ihres Berylliumanteils in zweierlei Hinsicht als kritisch eingestuft. Neben der karzinogenen Wirkung des Berylliums können die bei der Bearbeitung berylliumhaltiger Werkstoffe entstehenden Stäube schwere Lungenerkrankungen hervorrufen. Auch wird Beryllium in nur wenigen außereuropäischen Ländern und Firmen produziert, wodurch ein ungünstiges Abhängigkeitsverhältnis für den europäischen Wirtschaftsstandort besteht. Aufgrund dieser Prämisse wird an Alternativen zu CuBe-Legierungen geforscht. Da die konventionelle Werkstoffentwicklung jedoch sehr zeit- und kostenaufwendig ist, rücken heute vermehrt sogenannte High-Throughput-Methoden in den Fokus. Eine solche Methode wurde am fem in einem Vorgängerprojekt entwickelt und erfolgreich angewandt. Dabei konnte das System Cu-Ni-Al als potentiell vielversprechend für die Entwicklung neuer hochfester Legierungen identifiziert werden.
Zielsetzung
Im nun abgeschlossenen Gemeinschaftsprojekt von fem, IWM und NMI galt es, ausscheidungshärtende Legierungen aus diesem System materialwissenschaftlich zu charakterisieren, entsprechend den Anforderungen des Marktes zu entwickeln und auf den Industriemaßstab zu übertragen. Erklärte Ziele waren die Steigerung der elektrischen Leitfähigkeit bei gleicher oder höherer Festigkeit im ersten Projektabschnitt und die Fertigung ausgewählter Legierungen im Rahmen eines Demonstrators bei den Projektpartnern aus der Industrie im zweiten Projektabschnitt. Die Werkstoffentwicklung sollte durch Simulationen unterstützt werden.
Durchführung
Auf Basis thermodynamischer und kinetischer Simulationen, durchgeführt am IWM, wurde herausgearbeitet, inwiefern das Legieren eines vierten Legierungspartners einen Einfluss auf die erreichbaren technischen Eigenschaften hat. Berücksichtigt wurden Elemente, die als nicht kritisch bezüglich der wirtschaftlichen Bedeutung und des Versorgungsrisikos gelten. Mit Hilfe umfangreicher automatisierter Simulationen konnten ohne groß angelegte Versuchsreihen vielversprechende Legierungen ausgewählt werden. Anschließend wurden diese am fem nach einer industrietypischen Prozessroute hergestellt und prozessbegleitend charakterisiert. Diese deckt das Gießen, die Weiterverarbeitung zu Blechen und anschließende Wärmebehandlungen ab. Insbesondere die Entwicklung der Härte, der elektrischen Leitfähigkeit und der Mikrostruktur in Abhängigkeit der Prozessparameter und Legierungszusätze standen hierbei im Fokus. Am NMI fanden TEM-Untersuchungen zur Beschreibung der Nanostruktur statt. Die Erkenntnisse dienten dem Abgleich der Simulationsmethodik und zur Beschreibung der im Werkstoff ablaufenden Prozesse. Denn ein vertieftes Verständnis für die Legierung ist eine Voraussetzung um diese hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und Herstellroute optimieren zu können.
Ferner fand die genannte Screening-Methode auf Basis von Diffusionsproben in modifizierter Form Anwendung um feiner aufgelöste Zusammensetzungsbereiche beschreiben zu können. Insbesondere der Einfluss vierter Legierungselemente wurde über diese Methode beurteilt. Ausgewählte Legierungen wurden in der zweiten Projekthälfte bei Industriepartnern durch Stranggießen und Feingießen hergestellt, weiterverarbeitet und am fem hinsichtlich ihrer technologischen Eigenschaften untersucht. Hierzu gehörten das Verhalten unter mechanischer Last, die Beschichtbarkeit, die Korrosionsbeständigkeit und das Verschleißverhalten. Ferner wurde das Stanzverhalten bei einem der Industriepartner untersucht.
Zusammenfassung
Legierungen auf der Basis von CuNiAl konnten im Rahmen des Forschungsprojektes umfangreich simuliert, charakterisiert und erfolgreich optimiert werden. Auch die Übertragbarkeit der im Labor hergestellten Legierungen in den Industriemaßstab konnte gezeigt werden. Durch angepasste Legierungsgehalte und ein viertes Legierungselement konnten die Härte und die elektrische Leitfähigkeit wie erhofft gesteigert werden. CuNiAl-Legierungen zeichnen sich durch eine sehr gute Beständigkeit gegenüber Überalterung aus. Auch weisen sie trotz höchster Festigkeit ein hohes Verformungsvermögen auf. Sie sind sowohl als Knetlegierung als auch als Gusslegierung einsetzbar. Erste Untersuchungen legen nahe, dass sie beschichtbar sowie vergleichsweise beständig gegenüber Korrosion und mechanischem Verschleiß sind. Auch die Stanzbarkeit ist gegeben. Darüber hinaus hat das Projekt erheblich zum Verständnis der Zusammenhänge zwischen den Materialeigenschaften, der Verarbeitungsgeschichte und der Mikrostruktur beigetragen und bietet damit eine gute Ausgangslage für eine industrielle Adaption.
Danksagung
Wir danken dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, das im Rahmen der Förderung der „Innovativen Rohstoffnutzung in KMU“ das vorliegende Projekt finanziell unterstützt hat.