Die Spannungsrelaxation von Werkstoffen spielt eine zentrale Rolle in der zuverlässigen Auslegung von Bauteilen. Es muss gewährleistet sein, dass die Bauteile auch nach langjährigem Betrieb unter möglicherweise erhöhten Temperaturen ihre Funktion aufrechterhalten. Allerdings tritt bei metallischen Werkstoffen eine Spannungsrelaxation auf, das heißt, eine kraftschlüssige Verbindung zweier Bauteile kann im Laufe der Zeit nachlassen.
Bei Steckverbindern beispielsweise wird ein elektrisch leitender Kontakt über Normalkräfte zwischen den Verbindungsflächen hergestellt. Wenn diese Kräfte unter Temperatur- und Zeiteinfluss nachlassen, kann das zu einer Unterbrechung des elektrischen Kontakts führen. Simulationen der Relaxation dienen dazu, die Bauteile so auszulegen, dass sie ihre Funktion zuverlässig erfüllen. Die Simulationen benötigen aber als Eingangsgrößen Materialkennwerte der jeweiligen Legierung. Das am Fraunhofer IWM entwickelte Materialmodell, das aus zwei gemeinsam mit dem fem durchgeführten Projekten (IGF 17278 N, IGF 18597 N) hervorging, stützt sich bisher auf Materialkennwerte aus uniaxialen Relaxationsversuchen, die kosten- und ressourcenintensiv sind. Alternative Testmethoden, wie beispielsweise der Cantileverversuch (ASTM Norm E328 Standard Test Methods for Stress Relaxation for Materials and Structures), liefern Messwerte, die bisher nicht direkt als Materialkennwerte in das Modell einfließen können. Die Überführung der Kennwerte aus dem einfachen Versuch in Kennwerte für das Materialmodell erfolgt im Projekt über Machine-Learning-Methoden. Am fem wird außerdem ein neuer Prüfstand aufgebaut, der eine exakte instrumentierte Messung im Cantileverversuch erlaubt. Vergleichsmessungen im uniaxialen Versuch erfolgen parallel in der Universalprüfmaschine.
Danksagung
Das IGF-Vorhaben 21114 N der Forschungsvereinigung Edelmetalle + Metallchemie wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.