Wohin man auch schaut, was immer man berührt: Überall begegnen wir Beschichtungen und Oberflächen. Sie schmeicheln Hand und Auge, sorgen für die richtige Optik und schützen vor Wind, Wetter und anderen Einflüssen. Soweit die klassische Definition. Sogenannte „smart coatings“, intelligente Beschichtungen, gehen weit über diese Eigenschaften hinaus. Sie reagieren auf spezifische Umweltreize mit gezielten Effekten: Sie reinigen die Luft, bekämpfen Krankheitserreger, produzieren Energie oder reparieren sich selbst. Das letzte Freitagsseminar im Jahr 2013 am Forschungsinstitut Edelmetalle + Metallchemie konnte rund vierzig Gäste davon überzeugen, dass intelligente Oberflächen alles andere als oberflächlich sind.
Einen faktenreichen Überblick über die Welt der funktionellen Oberflächen bot Dr. Michael Hilt von der Forschungsgesellschaft Pigmente und Lacke (FPL) in Stuttgart. Wie sich die Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Oberflächen gezielt steuern und beeinflussen lassen, demonstrierte der Referent an zahlreichen Beispielen aus Forschung und Industrie. Eine wichtige Inspirationsquelle für die Entwicklung von neuartigen, intelligenten Oberflächen sei die Natur, so Hilt, die es in ihrer mehrere Milliarden Jahre umfassenden Evolution zu einer unübertroffenen Perfektion gebracht habe – dem Wissenschaftler stehe leider nur ein Bruchteil dieser Zeit zur Verfügung, um zu vergleichbaren Ergebnissen zu kommen.
Zwei Forscher aus dem fem vertieften im Anschluss das Thema und stellten dabei das Leichtmetall Titan ins Zentrum ihrer Ausführungen. Stefan Funk präsentierte in seinem Vortrag die photokatalytischen Eigenschaften von Titandioxid. Photokatalyse heißt: Umwandlung von chemischen Substanzen unter Lichteinwirkung. Mit Titandioxid beschichtete Straßenbeläge und Fassaden sind in der Lage, in der Luft befindliche Schadstoffe, z.B. gesundheitsschädliche Stickoxide, und organisches Material wie Algen oder Mikroorganismen abzubauen. Zum Abschluss zeigte Jörg Freudenberger, welche Bedeutung der Werkstoff Titan für medizinische Implantate und Instrumente besitzt. Titan ist sehr fest, gut verträglich und weist durch seine natürliche Oxidschicht – das schon erwähnte Titandioxid – eine hohe chemische Beständigkeit auf. Allesamt Eigenschaften, die aus dem Titan einen idealen, wenn auch nicht perfekten Werkstoff für die Medizintechnik machen. Eine Möglichkeit, Titan zu optimieren, ist das sogenannte Hartanodisieren, durch welches die schützende Oxidschicht vergrößert wird. Bei der Herstellung dieser Schicht tanzen charakteristische Blitzentladungen über die Oberfläche – Freudenberger zeigte faszinierende Filmaufnahmen dieses Vorgangs, die unter den Gästen der Veranstaltung für ein vorweihnachtliches Entzücken sorgten.
Auch im kommenden Jahr bietet das fem wieder vier Freitagsseminare an, die sich gleichermaßen an Experten und die interessierte Öffentlichkeit richten. Den Auftakt macht am 21. März ein weiteres medizintechnisches Thema: Drei hochkarätige Referenten sprechen über „bioresorbierbare metallische Stents“ für die Gefäßmedizin.