KupferDigital2: Materialdatenraum zur Steigerung von Effizienz und Nachhaltigkeit des Kupferlebenszyklus

MOTIVATION

In der traditionellen Wertschöpfungskette werden Materialien schrittweise hergestellt und weiterverarbeitet, bis ein fertiges Produkt entsteht. Jeder Prozessschritt erzeugt und benötigt Material-, Verfahrens- und Produktdaten, die typischerweise in verschiedenen Unternehmen vorliegen. Ein Austausch der Daten erfolgt oft nur bilateral zwischen kooperierenden Firmen. Für ein umfassendes Verständnis des Material- und Produktverhaltens und des Life-Cycle-Assessments (LCA) wäre es von immensem Vorteil, wenn Herstellungsdaten und -metadaten allen an der Wertschöpfung beteiligten Akteuren interoperabel und auffindbar zur Verfügung gestellt würden. 

ZIELE UND VORGEHEN

Am Beispiel der Fertigung eines Steckverbinders werden in KupferDigital2 Produktionsdaten und LCA-relevante Daten erfasst. Durch die semantische Beschreibung der Prozesse und Metadaten mittels einer Ontologie werden die Daten mit Hintergrundinformationen angereichert, die es Maschinen ermöglicht, diese Daten zu interpretieren. Die semantischen Daten werden in einem Datenraum zu Verfügung gestellt, ohne dass der Urheber der Daten seine Hoheit über die Daten verliert. Mittels einer Material-ID werden die Daten eindeutig mit einem Produkt verknüpft. Auf Basis dieser Daten entsteht ein digitaler Produktpass, anhand dessen die Herstellungsroute, der sozio-ökologische Fußabdruck sowie die Recyclingeigenschaft nachvollzogen werden können.

INNOVATION UND PERSPEKTIVE

In diesem Projekt wird eine Prozesskette der industriellen Steckverbinderfertigung mit semantischen Daten digitalisiert und damit der Grundstein für eine effizientere und vor allem nachhaltigere Produktion der Zukunft gelegt. KupferDigital2 liefert auf Basis der Vorarbeiten der Plattform MaterialDigital (PMD) und des Projekts KupferDigital die technische Grundlage, um den aktuellen Wissensstand aller beteiligten Partner anhand echter, industrierelevanter Daten entlang des Lebenszyklus domänenübergreifend erfassen, kontinuierlich erweitern sowie dauerhaft und vor allem wiederholt nutzen zu können. Neu entwickelte Methoden für die Bilanzierung, Bewertung, datenbasierte oder simulative Vorhersage und Datenkorrelation dienen u.a. der Aggregation, Integration und nachhaltigen Nutzung industrierelevanter Daten entlang des Gesamtlebenszyklus. In diesem Projekt stehen auch Bewertungsmethoden im Sinne des LCA und für ökologische und sozioökonomische Footprints sowie die Entwicklung eines Digitalen Produktpasses im Vordergrund.

TEILVORHABEN: NACHHALTIGKEIT IM KUPFERLEBENSZYKLUS AUF BASIS SEMANTISCHER DATEN

fem übernimmt in seinem Teilvorhaben die stellvertretende Koordination des Projekts und erarbeitet eine Integration von ökologischen und sozioökonomischen Footprints in das Datenökosystem. Dank seiner Erfahrungen aus dem Vorgängerprojekt übernimmt es eine zentrale Rolle bei der Kommunikation zwischen den Fachdomänen und wirkt dabei insbesondere auf einen möglichst reibungslosen Ablauf bei der Erstellung der Ontologie hin.

Das Vorhaben 13XP5230L  wird im Rahmen der Innovationsplattform MaterialDigital vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Qualifizierung von standardisierten Langzeitversuchen an Kupferwerkstoffen zur wirtschaftlichen Bestimmung von Materialparametern für CAE-Anwendungen

Die in der Praxis eingesetzten Langzeitversuche zu Charakterisierung des Materialverhaltens von Kupferwerkstoffen sind nur begrenzt geeignet, um daraus belastbare Eingangsdaten für CAE-Anwendungen (bspw. Finite Elemente Methode, FEM) zu ermitteln. Aufgrund steigender Anforderungen an Bauteile aus Kupferwerkstoffen, z.B. bei elektrischen Steckverbindern, ist für die sichere und ressourceneffiziente Bauteilauslegung eine genauere Kenntnis dieser Eingangsdaten jedoch unerlässlich. Das Ziel dieses Vorhabens bestand darin, eine Methode zur wirtschaftlichen Bestimmung von Materialparametern für Kupferwerkstoffe aus den Langzeitversuchen in Anlehnung an die ASTM [AST13] zu entwickeln. Die daraus ermittelten Parameter können den Kupferwerkstoff genauer beschreiben und sind als direkter Input für die simulative Bauteilauslegung nutzbar.

Im Vorhaben wurde davon ausgegangen, dass ein eindeutiger Zusammenhang zwischen den Messgrößen der ASTM-Versuche (z.B. Cantilever-Versuch) und den zeit- und temperaturabhängigen Eigenschaften von Kupferwerkstoffen existiert. Dieser ist jedoch aus diesen Versuchen nicht direkt bestimmbar. Mittels numerischer Methoden und basierend auf maschinellen Lernverfahren sollte dieser Zusammenhang ermittelt werden. Zur Ermittlung der hierfür erforderlichen experimentellen Daten wurde ein geeigneter Versuchsstand entwickelt. Damit wurde es möglich, aus den Messgrößen eines ASTM-Versuchs das zeit- und temperaturabhängige Materialverhalten bzw. die Materialparameter für ein gewähltes Werkstoffmodell direkt und kostengünstig zu bestimmen.

Der Nutzen des Vorhabens besteht darin, dass aus bereits etablierten Standardversuchen deutlich genauere Informationen über das Langzeitverhalten von Kupferwerkstoffen ermittelt werden können, ohne dass der experimentelle Aufwand dafür steigt. Von KMUs können die Ergebnisse als direkter Input für CAE-Anwendungen genutzt werden. Zudem können KMUs durch die genauere Beschreibung des Werkstoffverhaltens Bauteile besser, kosteneffizienter und ressourcenschonender auslegen, als es bisher möglich war. Die Ergebnisse des Vorhabens können auf andere Werkstoffe übertragen werden, bei denen das Langzeitverhalten ebenfalls relevant ist.

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Unsere Expertin Karin Pfeffer freut sich auf Ihre Kontaktaufnahme!

KupferDigital: Datenökosystem für die digitale Materialforschung auf Basis Ontologie-basierter digitaler Repräsentationen von Kupfer und Kupferlegierungen

Der Lebenslauf von Kupfer wird digital – für innovatives Materialdesign bis zum Recycling

Kern des Projektes KupferDigital ist es, einen Demonstrator für ein digitales Datenökosystem zu erstellen, der der Digitalisierung der Materialforschung und der metallverarbeitenden Industrie als zukunftsfähige Plattform zur Verfügung stehen soll. Das Projekt KupferDigital entwickelt Methoden und Konzepte, um den Lebenszyklus am Beispiel von Kupfer – von der Erzgewinnung bis zum Recycling – digital zu erfassen. Grundlage ist die Entwicklung sogenannter Ontologien. Diese können als eine Art Wissensnetz verstanden werden. Sie dienen als gemeinsame Standards für die Beschreibung von Werkstoffen und technischen Vorgängen. Sie helfen bei der digitalen Erfassung von Prozessschritten sowie von Materialeigenschaften. Parallel dazu werden Konzepte für Datenstrukturen, die Speicherung und den Austausch von Werkstoffdaten über neu zu definierende Schnittstellen erarbeitet.

Über die Bereitstellung digitalisierter Lebenszyklen von Kupfer wird die Industrie bei der Produktentwicklung befähigt, neue Werkstoffentwicklungen frühzeitig zu bewerten, beispielsweise unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit. Kupfer kommt hier eine aktuelle Bedeutung zu, weil es für die digitale Transformation sowie die Energie- und Mobilitätswende von fundamentaler Bedeutung ist und somit von hohem gesellschaftlichem Wert. Die Projektziele sind sowohl auf weitere metallische Struktur- und Funktionswerkstoffe als auch auf andere Industriebereiche übertragbar. Die Projektergebnisse werden im Rahmen der Aktivitäten der Innovationsplattform MaterialDigital allen Interessierten zur Verfügung gestellt.

Danksagung

Das Vorhaben 13XP5119A  wird im Rahmen der Innovationsplattform MaterialDigital vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Berylliumersatz in Kupferlegierungen

Motivation

Kupferlegierungen finden unter anderem als Steckverbinder ein breites Einsatzgebiet. Ob in der Elektrik heutiger Automobile, in Kommunikationsnetzen oder der Unterhaltungselektronik, Kupferlegierungen werden bevorzugt eingesetzt. Durch die fortschreitende Entwicklung und der damit einhergehenden Miniaturisierung steigen die Anforderungen an die verwendeten Werkstoffe. Auch rücken zunehmend umwelttechnische und gesundheitliche Aspekte bei der Werkstoffauswahl in den Fokus. Besonders betroffen sind hierbei berylliumhaltige Kupferlegierungen. Diese besitzen zwar hervorragende mechanische und elektrische Eigenschaften, werden jedoch aufgrund ihres Berylliumanteils in zweierlei Hinsicht als kritisch eingestuft. Neben der karzinogenen Wirkung des Berylliums können die bei der Bearbeitung berylliumhaltiger Werkstoffe entstehenden Stäube schwere Lungenerkrankungen hervorrufen. Auch wird Beryllium in nur wenigen außereuropäischen Ländern und Firmen produziert, wodurch ein ungünstiges Abhängigkeitsverhältnis für den europäischen Wirtschaftsstandort besteht. Aufgrund dieser Prämisse wird an Alternativen zu CuBe-Legierungen geforscht. Da die konventionelle Werkstoffentwicklung jedoch sehr zeit- und kostenaufwendig ist, rücken heute vermehrt sogenannte High-Throughput-Methoden in den Fokus. Eine solche Methode wurde am fem in einem Vorgängerprojekt entwickelt und erfolgreich angewandt. Dabei konnte das System Cu-Ni-Al als potentiell vielversprechend für die Entwicklung neuer hochfester Legierungen identifiziert werden. 

Zielsetzung

Im nun abgeschlossenen Gemeinschaftsprojekt von fem, IWM und NMI galt es, ausscheidungshärtende Legierungen aus diesem System materialwissenschaftlich zu charakterisieren, entsprechend den Anforderungen des Marktes zu entwickeln und auf den Industriemaßstab zu übertragen. Erklärte Ziele waren die Steigerung der elektrischen Leitfähigkeit bei gleicher oder höherer Festigkeit im ersten Projektabschnitt und die Fertigung ausgewählter Legierungen im Rahmen eines Demonstrators bei den Projektpartnern aus der Industrie im zweiten Projektabschnitt. Die Werkstoffentwicklung sollte durch Simulationen unterstützt werden.

Durchführung

Auf Basis thermodynamischer und kinetischer Simulationen, durchgeführt am IWM, wurde herausgearbeitet, inwiefern das Legieren eines vierten Legierungspartners einen Einfluss auf die erreichbaren technischen Eigenschaften hat. Berücksichtigt wurden Elemente, die als nicht kritisch bezüglich der wirtschaftlichen Bedeutung und des Versorgungsrisikos gelten. Mit Hilfe umfangreicher automatisierter Simulationen konnten ohne groß angelegte Versuchsreihen vielversprechende Legierungen ausgewählt werden. Anschließend wurden diese am fem nach einer industrietypischen Prozessroute hergestellt und prozessbegleitend charakterisiert. Diese deckt das Gießen, die Weiterverarbeitung zu Blechen und anschließende Wärmebehandlungen ab. Insbesondere die Entwicklung der Härte, der elektrischen Leitfähigkeit und der Mikrostruktur in Abhängigkeit der Prozessparameter und Legierungszusätze standen hierbei im Fokus. Am NMI fanden TEM-Untersuchungen zur Beschreibung der Nanostruktur statt. Die Erkenntnisse dienten dem Abgleich der Simulationsmethodik und zur Beschreibung der im Werkstoff ablaufenden Prozesse. Denn ein vertieftes Verständnis für die Legierung ist eine Voraussetzung um diese hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und Herstellroute optimieren zu können. 

Ferner fand die genannte Screening-Methode auf Basis von Diffusionsproben in modifizierter Form Anwendung um feiner aufgelöste Zusammensetzungsbereiche beschreiben zu können. Insbesondere der Einfluss vierter Legierungselemente wurde über diese Methode beurteilt. Ausgewählte Legierungen wurden in der zweiten Projekthälfte bei Industriepartnern durch Stranggießen und Feingießen hergestellt, weiterverarbeitet und am fem hinsichtlich ihrer technologischen Eigenschaften untersucht. Hierzu gehörten das Verhalten unter mechanischer Last, die Beschichtbarkeit, die Korrosionsbeständigkeit und das Verschleißverhalten. Ferner wurde das Stanzverhalten bei einem der Industriepartner untersucht. 

Zusammenfassung

Legierungen auf der Basis von CuNiAl konnten im Rahmen des Forschungsprojektes umfangreich simuliert, charakterisiert und erfolgreich optimiert werden. Auch die Übertragbarkeit der im Labor hergestellten Legierungen in den Industriemaßstab konnte gezeigt werden. Durch angepasste Legierungsgehalte und ein viertes Legierungselement konnten die Härte und die elektrische Leitfähigkeit wie erhofft gesteigert werden. CuNiAl-Legierungen zeichnen sich durch eine sehr gute Beständigkeit gegenüber Überalterung aus. Auch weisen sie trotz höchster Festigkeit ein hohes Verformungsvermögen auf. Sie sind sowohl als Knetlegierung als auch als Gusslegierung einsetzbar. Erste Untersuchungen legen nahe, dass sie beschichtbar sowie vergleichsweise beständig gegenüber Korrosion und mechanischem Verschleiß sind. Auch die Stanzbarkeit ist gegeben. Darüber hinaus hat das Projekt erheblich zum Verständnis der Zusammenhänge zwischen den Materialeigenschaften, der Verarbeitungsgeschichte und der Mikrostruktur beigetragen und bietet damit eine gute Ausgangslage für eine industrielle Adaption. 

Danksagung

Wir danken dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, das im Rahmen der Förderung der „Innovativen Rohstoffnutzung in KMU“ das vorliegende Projekt finanziell unterstützt hat.

Selektives Laserschmelzen von oberflächenbehandelten Pulvern aus Cu-Verbundwerkstoffen

Das Ziel des Forschungsvorhabens war, neue Materialien für die additive Fertigung zu entwickeln. Der Einsatz von Materialkombinationen im Pulver war vorgesehen, um Teile mit hoher Festigkeit und Leitfähigkeit durch Laserstrahlschmelzen (LBM) zu produzieren. Um dies zu erzielen, wurden die Pulver mittels PVD mit geeigneten Elementen bei Materia Nova (Belgien) beschichtet. Ziel war es, Pulver herzustellen, die aus Cu-Verbundwerkstoffen bestehen, wie z.B. Cu + Nb, W, Ta, Cr, Mo. Die Legierungen sind aushärtbar und sollen durch eine feine Verteilung der unlöslichen Legierungselemente eine hohe Härte und elektrische/thermische Leitfähigkeit erreichen. Schmelzmetallurgisch lassen sich aber solche Legierungen aus unlöslichen bzw. minimal löslichen Systemen nur sehr schwierig oder gar nicht homogen herstellen. Um die Pulver herzustellen, wurden daher verschiedene Ansätze verfolgt: Beschichtung durch PVD, mechanisches Legieren und anschließend Plasma-Sphäroidisieren, und Plasma-Sprühen von Suspensionen. Die Legierungsbildung sollte während der Verarbeitung mit LBM erfolgen.

Im Laufe des Projekts untersuchte das fem die Verarbeitbarkeit von beschichteten und unbeschichteten Cu-Legierungspulvern mit LBM, auch unter Verwendung eines schnellen Screening-Methode auf der Basis von Blechen anstelle von Pulver. Es wurden mehrere Pulver getestet, darunter handelsübliche, unbeschichtete CuNiSiCr- und CuCrZr-Pulver, beschichtete CuNiSiCr- und CuCrZr-Pulver (sowohl mit Nb als auch Cr) sowie W-beschichtetes reines Kupferpulver. Für alle oben genannten Legierungspulver wurden Prozessparameter für eine optimale Verarbeitbarkeit bei einer Laserleistung bis zu 380 W entwickelt. Als Technologiedemonstrator wurde eine Spule für einen innovativen Leichtbau-Elektromotor (entwickelt vom KMU Unicorn Engineering) sowohl mit den CuNiSiCr- als auch mit den CuCrZr-Legierungspulvern hergestellt.

Um das Potenzial geeigneter Werkstoffpaarungen schnell beurteilen zu können, wurde ein einfaches Prüfverfahren mit beschichteten Blechen etabliert. Bleche aus vier verschiedenen Werkstoffen (reines Cu, CuCrZr, CuNiSiCr und CuNiAl-Legierung) wurden bei Materia Nova in Belgien durch PVD im kaltgewalzten Zustand mit fünf verschiedenen Elementen (Cr, Mo, Nb, Ta, W) beschichtet und dem fem zur Verfügung gestellt. Die beschichteten Bleche wurden einmalig in der LPBF-Anlage belichtet und die entstehenden Schmelzspuren metallographisch ausgewertet (Schmelzbreite, -tiefe und Legierungsbildung/-ausscheidung). Unbeschichtete Bleche wurden als Referenz jeweils identisch behandelt. Diese Screening-Methode ermöglichte eine schnelle Bewertung der Beschichtungswirkung und diente der Auswahl der am besten geeigneten Werkstoffpaarungen für nachfolgende Pulverbeschichtungen.

Die Elemente Cr, Nb und W erwiesen sich aufgrund ihrer günstigen Wirkung auf die Energieabsorption und der beobachteten Bildung von Ausscheidungen im Gefüge als die am besten geeigneten Kandidaten für die Pulverbeschichtung (welche bei Materia Nova in Belgien stattfand). Als Substrat wurden die kommerziell erhältlichen Legierungspulver CuCrZr und CuNiSiCr (die vom Industriepartner Schmelzmetall zur Verfügung gestellt wurden) sowie für reines Cu (welches bei Fraunhofer Umsicht verdüst wurde) ausgewählt.

LBM von beschichteten und unbeschichteten Pulvern

Es wurde eine Parameterstudie mit den unbehandelten CuNiSiCr- und CuCrZr-Pulver durchgeführt, um die Parameter für eine optimale Dichte festzulegen: dabei wurde die Pulverschichtstärke konstant gehalten (0,025 mm), während Laserleistung (95-480 W), -geschwindigkeit (100-1400 mm/s) und Spurabstand (0,025-0,085 mm) variiert wurden. 

Im Vergleich zu den unbehandelten Pulvern weisen die mit Nb / Cr beschichteten eine höhere Absorption auf. Die besten Ergebnisse wurden mit einer Laserleistung von 250–200 W,  einer Geschwindigkeit von 600–900 mm/s und einem Spurabstand von 0,055 mm erzielt (0,02–0,04% Porosität ; Abb 1). 

Die REM-Untersuchung der Oberfläche der aus CuNiSiCr/ CuCrZr + Nb / Cr hergestellten Teile zeigte fein verteilte Verunreinigungen. EDX-Messungen an diesen Flächen ergaben jeweils erhöhte Gehalte an Nb / Cr und Sauerstoff. Die REM-Untersuchung der metallographischen Schliffen ergab fein verteilte Punkte im Gefüge beider Legierungen (siehe Abb. 2): EDX-Messungen konnten an den entsprechenden Stellen erhöhte Gehalte an Nb, Cr, Ni, Si und Sauerstoff feststellen, was auf Oxid- und Ausscheidungsbildung hinweist.

Die Beschichtung mit W auf ReinCu bewirkte eine sehr hohe Absorption und die Verarbeitbarkeit des Materials wurde dadurch stark erhöht.  Mit 380 W, 800 mm/s, Spurabstand 0,055–0,066 mm wurde in den Bauteilen eine Porosität <1% erzielt. Mit denselben Parametern weisen Bauteile aus ReinCu ohne Beschichtung hingegen ~16 % Porosität auf.

Untersuchung an Probekörpern: Messung der physikalischen Eigenschaften

Um die physikalischen Eigenschaften der hergestellten Materialien zu messen, wurden kleine Platten (14 x 14 x 2,8 mm) mit den optimalen Laserparametern hergestellt. An diesen Platten wurden die Vickershärte und die elektrische Leitfähigkeit für drei Materialzustände gemessen: im Ausgangszustand, lösungsgeglüht und lösungsgeglüht und anschließend ausgelagert. Die elektrische Leitfähigkeit wurde mit der Wirbelstromprüfung an geschliffenen Proben gemessen.

Die Optimierung der Schichtdicke, der Verarbeitungsbedingungen und der Wärmebehandlung nach der LBM-Behandlung ist wichtig für eine Verbesserung der mechanischen Eigenschaften. Die Bildung von Ausscheidungen war das Ziel des Forschungsansatzes, der darin bestand, die Menge eines nicht mischbaren Elements in der Legierung durch PVD-Beschichtung zu erhöhen und nach der LBM-Verarbeitung fein verteilte Ausscheidungen zu erhalten (wie in Abbildung 2 zu sehen), um die physikalischen und mechanischen Eigenschaften der Teile zu verbessern. Weitere Arbeiten sind erforderlich, um den physikalischen Prozess und das Zusammenspiel von Beschichtung, LBM-Verfahren und Nachbehandlung zu verstehen, um optimale Eigenschaften zu erzielen.

Die Beschichtung von reinem Cu mit W sorgte für eine erhöhte Energieabsorption und ermöglichte die Bearbeitung des Materials mit einer geringeren Laserleistung (< 380 W), während normalerweise ein LBM-System mit einem 1000-W-Laser erforderlich wäre, um eine Dichte von 99 % zu erreichen. Solche LBM-Systeme haben jedoch einen größeren Laserspot (z.B. 70–100 µm) und sind nicht in der Lage, feine und detaillierte Strukturen wie die in diesem Projekt hergestellten zu erzeugen. Reines Cu ist (aufgrund seiner Instabilität bei der LBM-Bearbeitung) derzeit als Material für die additive Fertigung industriell nicht weit verbreitet, und in dieser Hinsicht lassen sich die Kosten der PVD-Behandlung durch die bessere Bearbeitbarkeit des des Materials rechtfertigen. 

Additive Fertigung eines Demonstrators

Für den Bau von Demonstratoren wurde die Geometrie einer Spule für hocheffiziente Elektromotoren (entworfen vom KMU und Projektpartner Unicorn Engineering GmbH) gewählt. Die Spule findet ihre Anwendung in einem eisenfreien Elektromotor mit Leichtgewicht und hohem Wirkungsgrad für mobile Anwendungen. Das Bauteil wurde sowohl mit CuNiSiCr- als auch mit CuCrZr-Legierungen gebaut.

Danksagung

PONAMP ist ein Cornet-Projekt, das von nationalen Agenturen, die Mitglieder des Cornet-Netzwerks sind, finanziert wird: Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) / Bundesministerium für Wirtschaft und Klimapolitik / Service Public de Wallonie – DGO6 (SPW)

Standardisierung der mechanischen Charakterisierung und Quantifizierung von Materialkennwerten zur Modellierung des zeitabhängigen Verformungsverhaltens von Halbzeugen aus hochleitfähigen Cu-Legierungen

Hersteller von stromleitenden Bauteilen, wie zum Beispiel Steckverbinder, sind bestrebt, immer kleinere Geometrien umzusetzen, um die gewünschten Funktionen zu erfüllen. Durch die Miniaturisierung der Elemente können Bauraum und Gewicht eingespart werden, aber das leitende Material muss dadurch mit immer kleineren Querschnitten elektrische Ströme und mechanische Kräfte übertragen. Damit steigen die Stromdichte und die mechanische Spannung. Eine Vorhersage des Werkstoffverhaltens unter gesteigerten Anforderungen an das Material wird immer häufiger über die Simulation des Werkstoffverhaltens getroffen. Gerade bei Steckverbindern spielt dabei die Spannungsrelaxation eine entscheidende Rolle, denn die Erwärmung durch die Umgebungsbedingungen bspw. im Motorraum und die Eigenerwärmung durch die Leitung hoher Ströme durch kleine Querschnitte führen dazu, dass Spannungsrelaxation in Steckverbindern auftritt und die kraftschlüssige Verbindung mit der Zeit nachlassen kann. Die Zuverlässigkeit von Steckverbindern kann aber nur dann über eine Werkstoffsimulation beurteilt werden, wenn die einfließenden Werkstoffkennwerte mit hoher Genauigkeit und standardisiert ermittelt werden. Derzeit gibt es für Kupferwerkstoffe in Deutschland noch keinen einheitlichen Standard, mit dem branchenübergreifend Werkstoffkenndaten wie quasistatische Zugversuchsdaten und Relaxationsdaten ermittelt werden.

Das gemeinsam von fem und IWM durchgeführte Forschungsprojekt IGF 18597 N hat Werkstoffkenndaten für den Beispielwerkstoff CuNi1.5Si erhoben, aus denen am Fraunhofer IWM das Werkstoffmodell, das im Vorgängerprojekt IGF 17278 N erstellt worden ist, weiterentwickelt wurde. Validiert wurde die aus den Arbeiten abgeleitete Simulation der Spannungsrelaxation in einem Validierungsversuch, für den der weit verbreitete Cantileverversuch herangezogen wurde. Zusammen mit dem projektbegleitenden Ausschuss wurde aus den im Projekt erarbeiteten Ergebnissen und der validierten Vorgehensweise ein Entwurf für ein Prüfmerkblatt erarbeitet, mit dem die standardisierte Werkstoffdatenerhebung auf alle gängigen Kupferlegierungen übertragbar sein wird und die an die branchentypischen Herstellverfahren von Kupferhalbzeug angepasst ist. Der Richtlinienentwurf orientiert sich dabei an der Vorgehensweise, die in der Stahlbranche bereits validiert ist.

Ergebnisse

> Die Eigenspannungen wurden nach mehreren Prozessschritten auch über die Tiefe ermittelt. Die gemessenen Eigenspannungen sind allgemein sehr niedrig, sodass ein geringer Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften zu erwarten ist

> TEM-Untersuchungen zeigten Ni-Si-Partikel in allen untersuchten Probenzuständen. Der Probenzustand ausgelagert bei 400 °C über 10 h zeigt Partikel mit einem mittleren Durchmesser von ca. 20 nm

> In umfangreichen mechanischen Tests wurde das Verformungsverhalten der Cu-Legierung unter Zugbeanspruchung charakterisiert. Es konnte der Einfluss der Dehnrate (Dehngeschwindigkeit), der Temperatur sowie der Orientierung zur Walzrichtung auf das Verformungsverhalten gezeigt werden.

> Zur Berechnung der Phasenbildung in CuNiSi-Legierungen wurden die thermodynamischen und kinetischen Parameter in eine Datenbank überführt, die in Thermocalc und Matcalc eingelesen werden kann. 

> Es wurde ein neues Modell zur Abbildung der experimentell beobachteten Mikrostruktur-Eigenschafts-Beziehung vorgestellt. 

> Die Anisotropie des Verformungsverhaltens (Fließkurven und r-Werte) von ausscheidungshärtbaren gewalzten Cu-Legierungen wurde charakterisiert. Darüber hinaus wurden im Projekt die Materialparameter des im IWM-Modell implementierten Hill‘48-Modells bestimmt, mit denen das anisotrope Verformungsverhalten der Cu-Legierungen in guter Näherung abgebildet werden kann

> Das Relaxationsverhalten der ausscheidungshärtbaren gewalzten Cu-Legierungen wurde mit dem im IWM-Modell implementierten Perzyna-Ansatz über den gesamten untersuchten Temperaturbereich insbesondere im Bereich niedriger Dehnraten (quasistatische Belastung) sehr gut und in bisher nicht erreichter Genauigkeit abgebildet

> Die sehr gute Abbildungsgenauigkeit bezüglich des Relaxationsverhaltens nimmt für steigende Dehnraten oder Temperaturen sukzessive ab, liegt dabei allerdings durchgängig über der Genauigkeit vergleichbarer Modelle. Das Gleiche gilt für die Abbildung der Langzeitrelaxation: diese kann mit dem IWM-Modell im Vergleich zu anderen Modellansätzen besser abgebildet werden

> Für die Übertragung von identifizierten Parametern in FE-

Simulationen wurde ein Format für eine generalisierte Materialkarte erstellt. Mit diesem Dateiformat ist es möglich, in einer allgemein und direkt nutzbaren Form die in isothermen Versuchen temperaturabhängig identifizierten Materialparameter für CAE-Simulationen von Bauteilen und Prozessen programmüber-greifend zur Verfügung zu stellen

> In numerischen Studien wurde gezeigt, dass nach Abzug des spontanen Kraftverlusts zu Beginn der Experimente mit dem IWM-Modell und den validierten Modellparametern das in den Cantilever-Versuchen gemessene Relaxationsverhalten sehr gut vorhergesagt werden konnte.

> Es wurde ein Entwurf für ein Prüfmerkblatt erstellt

Danksagung

Das IGF-Vorhaben 18597 N der Forschungsvereinigung Verein für das Forschungsinstitut für Edelmetalle und Metallchemie (fem) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert